Jassewitzer Busch

Schutzwald „Jassewitzer Busch“ – ein lebendes Stück Geschichte

Der Jassewitzer Busch ist ein 200 bis 250 Jahre alter Kopfhainbuchenwald. Ein Bestand dieser Dichte ist einmalig in unserem Bundesland. Er stellt eines der letzten Relikte dieser historischen Waldwirtschaftsform in der Bundesrepublik Deutschland dar.
Im Juni 2001 wurde der „Jassewitzer Busch“ zum ersten Schutzwald von Mecklenburg-Vorpommern erklärt. Die Ausweisung von Schutzwald dient unter anderem Zwecken des Küsten-, Lärm-, Wasser- oder Erosionsschutzes, für Forschungszwecke, zur Erhaltung forstlicher Genressourcen oder wie in diesem Fall der Wahrung kulturhistorisch bedeutsamer Bestandsstrukturen und Bewirtschaftungsformen. Das Kerngebiet des Schutzwaldes wird wegen seinem historischen Wert als Anschauungsobjekt und für die Forschung erhalten. Die Randgebiete werden naturnah gestaltet, um so das Kerngebiet vor Außenwirkungen zu schützen. Der Schutzwald soll auch dazu beitragen, dass der Öffentlichkeit Wissen über historische Waldnutzungsformen vermittelt werden kann. Zur dauerhaften Erhaltung dieser historischen Waldnutzungsform hat die Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern 22 % des Schutzwaldes erworben.

Die ursprüngliche Niederwaldnutzung war Bauernwald in kleinflächiger Parzellierung des Waldeigentumes. Genutzt wurde der Kopfhainbuchenbestand zur Laubheu- und Brennholzgewinnung. Außerdem fand das Holz der Hainbuche Verwendung im Maschinenbau, Werkzeugbau, für Wagendeichseln o. ä. Wegen ihrer hervorragenden Regenerationsfähigkeit an Stubben und Schnittstellen erhielt die Hainbuche eine bedeutende Stellung in der Waldwirtschaft. Durch kurze Nutzungsintervalle (ca. 3 bis 4 Jahre) wurde mittels Köpfen oder Scheiteln der Bäume laufend ein künstlich aufrechterhaltenes Ungleichgewicht zwischen Stockausschlägen und Wurzelmasse erzeugt. Dadurch wurden die anfallende Laubheumenge, der Schlankheitsgrad und die Elastizität der Schneitelloden gefördert. Wir unterscheiden verschiedene Scheiteltypen: Stockscheitelung, Kopfscheitelung, Astscheitelung und das Laubrupfen; die Hainbuchen im Jassewitzer Bruch gehören zum Typ der Kopfscheitelung. Die Hainbuchen wurden in einer Höhe von 2 bis 2,5 m geköpft. Dies geschah vor der Laubfärbung. Die abgeschlagenen Scheitelloden wurden gebündelt und getrocknet. Dieses Laubheu wurde, wie heute das Grasheu, als Winterfutter für das Vieh verwendet. Nebenbei wurden die Gerten für Flechtarbeiten (Körbe etc.) genutzt. Dieser historische Kopfholzbetreib ist zum größten Teil heute in Vergessenheit geraten, lediglich noch angewandt als Pflegemaßnahme an Pappeln und Weide. Es wurde nach Auszählung der Jahresringe des Oberstandes festgestellt, dass die letzte intensive Nutzung bei 1920 lag.

Hainbuche geht auf die Bezeichnung „Hagebuche“ zurück, wobei „hag“ soviel wie Umzäunung oder Einfriedung bedeutet. Sie wurde damals wie heute gern als Hecke oder Grenzmarkierung genutzt. Verbreitet ist sie im Tief- und Hügelland, von Schweden bis zu den Pyrenäen, von Frankreich bis zum Kaukasus und Kleinasien. Sie bildet die eigene Familie der Haselgewächse. Die Hainbuche ist eine Schattenbaumart mit hohen Ansprüchen an Sommerwärme, weitgehend unempfindlich gegen Spätfröste. Die Bewurzelung erfolgt trotz großer Wurzelenergie mehr an der Oberfläche und auf frischen Böden. Das durchschnittliche Alter liegt bei 100 bis 120 Jahre, selten bei 150 oder mehr. Die Maximalhöhe ist mit 20 bis 25 Metern erreicht. Das Holz ist von außerordentlicher Brennkraft, es ist schwer und benötigt eine lange Trocknungszeit. Außergewöhnlich ist die Regenerationsfähigkeit aus den Stubben und an den Schnittstellen.

Der für Mecklenburg-Vorpommern einmalige Kopfhainbuchenwald befindet sich im Übergangsbereich von der Endmoräne zur Grundmoräne des Pommerschen Stadiums der Weichselvereisung. In diesem, zum Teil nassen Standort, sind einzelne Sölle eingebettet. Der Jassewitzer Bruch hat eine Größe von ca. 22 Hektar. Der Anteil des Hainbuchenbestandes in dieser Fläche belief sich bis in die 60er Jahre auf ca. 6 Hektar. Nach Aufforstung mit Fichten ist der heute noch erhaltene Anteil 3 Hektar groß. Der heutige Kopfhainbuchenbestand ist ca. 200 bis 250 Jahre alt.

Jassewitz gehörte als Nebengut zum ritterschaftlichen Landgut Groß Walmstorf. Es hatte eine Flächengröße von über 313 Hektar und war in 11 Stufen (Erbzinnsstellen) eingeteilt. 1939 erfolgte die Aufhebung des ritterschaftlichen Obereigentums und Umwandlung in freies Eigentum. Jede der heute noch vorhandenen Bauernstellen besaß im Wald mindestens 7 Parzellen als Eigentum. In den 30er Jahren erfolgte die Ausweisung als Gemeinschaftswald. Dann gleichzeitige Aufforstung mit Pappeln und Fichten und vereinzelt auf Freiflächen Eichen und Buchen.
Von 1941-1943 erfolgte nur ein geringer Holzeinschlag
Ab 1945 Beginn einer intensiven Nutzung für Brennholz
1960/1970 Fällung von Kopfbaumbuchen von zwei Seiten her. Das Oberholz wurde als Brennholz sowie als Wertholz für Tischlereien genutzt. Der südliche Teil wurde mit Fichten aufgeforstet, der nördliche entwickelte sich sukzessiv. Insgesamt besaß das Waldstück keine große Bedeutung für die Forstwirtschaft.
1989/1990 Anspruch der Alteigentümer auf Eigentum
1994/1995 Kauf bzw. Pachtung von Flächen durch das Land Mecklenburg-Vorpommern und der Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern zum Zwecke der Erhaltung des Waldstückes.
1996 Jan.-März erste flächenhafte Pflege der Hainbuche durch Köpfen.
1996 Okt. – 1997 März Zweite Pflege
1997 Okt. – 1998 März Dritte und vorerst letzte Pflege.
Die abschließende Zählung ergab 965 Exemplare.
Die waldbauliche Besonderheit dieses Niederwaldes ist ein gutes Dokumentationsbeispiel früherer Nutzung und in anschaulicher Form Forstgeschichte.

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