NSG Schaalelauf

Aufgrund der besonderen Bedeutung für die Natur ist die Schaale auf ihrem gesamten Lauf (38 km) geschützt. Im Fluss kommen zahlreiche störempfindliche und gefährdete Arten wie Bach- und Erbsenmuschel, über 20 Fisch- und Rundmäulerarten sowie Biber und Fischotter vor. Für Besucher gibt es mehrere Wanderwege im Gebiet.

Das Schutzgebiet umfasst den gesamten Schaalelauf vom Auslauf aus dem Schaalsee bei Zarrentin (35 m NN) bis zur Einmündung in die Sude bei Blücher (12 m NN). Die umgebenden Talhänge erreichen Höhen von bis zu 38 m NN. Der Schaalelauf gehört zur Landschaftseinheit „Südwestmecklenburgisches Altmoränen- und Sandergebiet“.

Die Schaale gehört zu den radialen Entwässerungsbahnen des weichselzeitlichen Eises. Sie verlässt den Schaalsee in einem großen Gletschertor und durchquert den Zarrentiner Sander. Zwischen Kölzin und dem Zusammenfluss mit der Schilde weist das stellenweise bis zu etwa 10 m tief in den Sander des Frankfurter Vorstoßes der Weichsel-Kaltzeit eingesenkte Kastental gut ausgebildete Prall- und Gleithänge sowie Terrassen verschiedenen Alters auf, die den etwa 6 bis 12 m breiten Fluss begleiten. Die Findlinge und Schotterbänder im Flusslauf stammen aus freigespülten Moränen der Saale-Kaltzeit. Unterhalb des Zusammenflusses mit der Schilde verbreitert sich das Kastental auf 200 bis 300 m, das Gefälle verringert sich, und der 10 bis 25 m breite Fluss mäandriert. Die in diesem Abschnitt anstehenden Talsande sind von überwiegend geringmächtigen Niedermoortorfen überlagert. Unterhalb von Zahrensdorf tritt die Schaale in den zum Teil rückgestauten Bereich des Elbe-Urstromtals ein. Hier wird der Ostteil des Schaaletals streckenweise von bewaldeten Dünenzügen begleitet. Der kanalisierte Mündungsbereich der Schaale südlich von Blücher liegt bereits innerhalb des Naturschutzgebietes „Sudeniederung zwischen Boizenburg und Besitz“. Das Wasser der Schaale entstammt zum kleineren Teil dem Schaalsee, hauptsächlich jedoch den zahlreichen Quellen am Ufer des Flusses sowie mehreren Zuflüssen wie Schilde, Hammerbach und Kleine Schaale. Das Einzugsgebiet der Schaale, die eine Lauflänge von ca. 38 km besitzt, beträgt etwa 680 km2.

Seit etwa 8 000 Jahren lebten nachweislich Menschen im Gebiet, die als Jäger und Sammler zunächst nicht sesshaft waren. Zeugen der ersten Siedlungsphase sind Grabhügel entlang des Schaalelaufs sowie Pfahlbauten bei der Insel Möwenburg im Schaalsee. Zwischen 1564 und 1830 war der Flusslauf der Schaale durch 13 Stau- und Kastenschleusen unterteilt. Die Stauhaltung diente dem Flößen von Holz zur Versorgung der Lüneburger Saline sowie der Verschiffung der Salze in Richtung Lübeck und Wismar. Der flussbegleitende Waldanteil lag daher bis Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich niedriger als heute. Nach Aufgabe der Lüneburger Saline gegen 1830 begannen Wiederaufforstungen. Heute existiert nur noch der Stau an der 1980 stillgelegten Schaalmühle bei Zarrentin. Der 1926 fertiggestellte Schaalseekanal, der eine Verbindung zum nordwestlich gelegenen Ratzeburger See schuf, wird bis heute zum Betrieb eines Wasserkraftwerkes auf schleswig-holsteinischem Gebiet genutzt. Diese Wasserableitung führte zu einer einschneidenden Verringerung des Abflusses aus dem Schaalsee auf ca. 5 Liter/Sekunde über das Wehr bei Schaalmühle. Dieser Zustand ist bis heute erhalten geblieben. Die Nutzung der Wiesen im Unterlauf wurde zwischen 1960 und 1990 nach Entwässerung intensiviert. Seit 1991 werden zahlreiche Flächen extensiv genutzt. Kleinere Waldwiesen sind aufgelassen worden. Zwischen 1910 und Anfang der 1960er Jahre wurde an der Südspitze des Schaalseebeckens Seekreide (Wiesenkalk) zu Brenn- und Düngezwecken abgebaut. Teile des Gebietes wurden bereits 1934 (Möwenburg) und 1982 (Schaaletal bei Schildfeld und Vietow) unter Schutz gestellt.

Eine Besonderheit des nördlichen Talabschnitts ist ein Kalk-Zwischenmoor bei Zarrentin, das in einer ehemaligen Seebucht auf mächtigen Wiesenkalkablagerungen aufgewachsen ist und noch heute eine Reihe seltener Pflanzenarten, wie z. B. Sumpf-Sitter, Sumpf-Herzblatt, Floh-Segge, Sumpf-Glanzkraut und Gemeines Fettkraut, beherbergt. Im Fluss treten aufgrund der über weite Strecken vorhandenen Beschattung kaum Höhere Pflanzen auf. Erwähnenswert ist jedoch das stellenweise Vorkommen vom Flutenden Hahnenfuß. Häufiger sind im Oberlauf Wassermoose, wie z. B. Fontinalis antipyretica, die am Geröll im Bachbett haften. Am Beginn des Schaaletals befinden sich auf der Ostseite der Schaale auf einer höheren Terrasse vornehmlich Laubmischwälder, u. a. Stieleichen-Mischwälder bodensaurer Standorte, während die tiefer gelegene Terrasse von Schwarzerlenbrüchen eutropher Standorte eingenommen wird. Auf der Westseite der Schaale existieren dichte Bestände eines Braunmoos-Schneidenröhrichts mit sehr seltenen Laubmoosarten wie Campylium elodes, Cinclidium stygium und Drepanocladus lycopodioides. Bis zur Einmündung der Schilde überwiegen im Talbereich Erlen- und Erlen-Eschenwälder, die streckenweise auf schmale, gewässerbegleitende Säume reduziert sind. Bei Schildfeld und nördlich von Vietow dominieren Laubwälder beiderseits des Flusslaufes. Hier stocken auf den Sanderplateaus Altbestände eines mesotrophen Eichen-Buchenwaldes, in dem auch die Trauben-Eiche vorkommt. Verarmte Ausbildungen mit Heidelbeere und der Laubmoosart Leucobryum glaucum treten auf stärker verhagerten Kuppen und Hangkanten auf. Auf den Steilhängen des Schaaletals stockt ein an Wald-Schwingel reicher Buchenwald mit Echter Sternmiere und Gemeinem Efeu. Auch leicht Wärme liebende Ausbildungen mit Finger-Segge, Ähriger Teufelskralle, Bärenschote, Wald-Labkraut und Wald-Knäuelgras sind kleinflächig vorhanden. Die Moosvegetation enthält mit Plagiochila asplenioides und Thuidium tamariscinum ebenfalls interessante Arten. Dort, wo der Steilhang unmittelbar an das Wasser reicht, haben sich kleinflächig seltenere Moose angesiedelt. Neben Fegatella conica und Pellia epiphylla ist besonders das Lebermoos Lepidozia reptans hervorzuheben. In den Bereichen, in denen das Bett der Schaale in der Mitte des Tales verläuft, treten von Rot-Buche und Hainbuche gebildete Waldbestände mit einer ungewöhnlich reichen Bodenflora, u. a. mit Echtem Springkraut, Wald-Segge und Breitblättrigem Sitter auf. Erwähnenswert sind außerdem zahlreiche Exemplare der Stechpalme. An quelligen Standorten sind der Winter-Schachtelhalm und das Quellgras anzutreffen. Im Mittellauf der Schaale wird die Talsohle sowohl von Flattergras-Erlen-Eschenwald als auch von nassen bis trockeneren Schwertlilien-Erlenbruchwäldern eingenommen. Hier treten neben Rohr-Glanzgras und Gemeinem Frauenfarn Wasser-Schwertlilie und Gemeiner Gilbweiderich auf. Diese Bestände sind von Quellrinnsalen durchzogen, in denen Gegen- und Wechselblättriges Milzkraut, Winkel-Segge, Berle und Bitteres Schaumkraut vorkommen. Eine botanische Rarität stellt das Vorkommen des Hain-Schwadens dar, der hier einige der wenigen Standorte in Deutschland hat. Einige alte Stiel-Eichen erreichen bis zu 6 m Umfang und tragen so zur Bestandsauflockerung auf der Talsohle bei. Nördlich der Ortschaft Vietow dominieren auf aufgelassenen Feuchtwiesen Seggen- bzw. Pfeifengrasbestände. Südlich von Vietow und Tüschow wird die Talsohle noch von bewirtschafteten Feuchtwiesen eingenommen. Sie weisen stellenweise dichte Bestände von Wasser-Greiskraut und weitere seltene Arten wie Röhrige Pferdesaat, Teufelsabbiss und Kümmel-Silge auf. Von den in der Schaale bisher festgestellten 22 Fischarten ist das Vorkommen von Westgroppe, Hasel, Quappe und Steinbeißer sowie ein stabiler Bestand der Bachforelle zu erwähnen. Ebenso kommt hier das Bachneunauge vor. Seit dem Neubau einer Fisch aufstiegsanlage in der Elbe bei Geesthacht finden sich auch wieder Flussneunaugen zum Laichgeschäft ein. Aus vogelkundlicher Sicht ist für die Flussstrecke das regelmäßige Vorkommen des Eisvogels und der Gebirgsstelze charakteristisch. Das Schaaletal gehört zum Nahrungsrevier des Schwarzstorchs. Im Bereich der Insel Möwenburg sind Rohrdommel, Tüpfelralle und Kolbenente in der Brutzeit nachgewiesen worden. In den Moorwiesen des südlichen Talraumes brütet die Bekassine regelmäßig, der Kiebitz dagegen nur gelegentlich. Die periodisch überschwemmten Wiesen südlich von Zahrensdorf sind besonders im Frühjahr Rast- und Nahrungsgebiet zahlreicher Enten und Gänse sowie von Zwerg- und Singschwan. Die Schaale ist das in Mecklenburg-Vorpommern westlichste Fließgewässer, das ständig vom Fischotter genutzt wird. Seit 1986 werden mehr oder weniger regelmäßig Nachweise des Elbebibers geführt. Besonders schutzwürdig sind auch die Muschelbestände der Schaale. Gefunden wurden u. a. stabile Bachmuschelbestände sowie drei extrem seltene Erbsenmuschelarten, von denen Pisidium tenuilineatum als Neufund für Mecklenburg-Vorpommern gilt. Im Kalk-Zwischenmoor bei Zarrentin wurde außerdem die europaweit geschützte Bauchige Windelschnecke nachgewiesen. Bemerkenswert ist die arten- und individuenreiche Heuschreckenbesiedlung der Moorwiesen. So leben hier u. a. die Sumpfschrecke, die Kurzflüglige Beißschrecke, der Sumpfgrashüpfer sowie die Große Goldschnecke.

Der Zustand des Gebietes ist gut. Die Wasserbeschaffenheit der Schaale ist ebenfalls als gut zu bezeichnen. Die Hangwälder und die Waldteile auf der Talsohle wurden in den letzten Jahrzehnten kaum durch Nutzungseingriffe verändert. Längerfristig ist es notwendig, die Wasserführung der Schaale zu erhöhen. Da gleichzeitig aber die Wasserspiegelhöhen des Schaalsees nicht verändert werden können, ist dieses Ziel nur durch eine Reduzierung der künstlichen Wasserableitung zum Ratzeburger See zu erreichen. Ebenso ist zu prüfen, ob der Stau an der Schaalmühle aufgehoben werden kann. Bestehende Brücken sind für Fischotter und Biber passierbar zu gestalten. Die drei bestehenden Naturschutzgebietsteile sollen zu einem Gebiet zusammengefasst werden.

Mehrere Wanderwege entlang der Schaale laden zu Spaziergängen ein, insbesondere von Kogel aus besteht eine attraktive Möglichkeit, den unverbauten Flusslauf in seiner Vielgestaltigkeit zu erleben. Bei Zarrentin verläuft ein Bohlenweg durch das Kalk-Zwischenmoor. Weitere Informationen sind im Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee in Zarrentin zu erhalten, u. a. auch in Form von Ausstellungen zum gesamten Schaalseegebiet.

 

 

 

Verändert nach: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung © Demmler Verlag

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